Thomas Althoff führt Edelhotels und nun auch ein Weingut, nach dem er 20 Jahre gesucht hat. Als Nächstes will er ein historisches Haus in Frankfurt wieder beleben.

Thomas Althoff ist ein Sammler – aber eben keiner, dem es darum geht, viel zusammenzutragen. Althoff sucht das Besondere. In fast fünf Jahrzehnten als Hotelier hat er es auf 19 Hotels gebracht – vom Schloss Bensberg bei Köln über das Seehotel Überfahrt am Ufer des Tegernsees bis zur Villa Belrose in Saint-Tropez. Andere sammelten schneller. Doch bei der Zahl Auszeichnungen und Gault-Millau-Punkte für seine Gastronomie hängt der 1953 in Wuppertal geborene Althoff Wettbewerber ab. Die Illustrierte „Bunte“ titulierte ihn jüngst als „Hotel-König“.

Die Hälfte der Zeit, die er sich mit Fünfsternehotels befasst, hat er auch nach Wegen gesucht, eigenen Wein anzubauen. „Mir bereitet es Freude, etwas mit und in der Natur zu gestalten“, sagt er. Gefunden hat er genau ein Weingut. Und das Gut Schloss Ortenberg nahe Offenburg am Westrand des Schwarzwaldes hat nun – zwei Jahre, nachdem Althoff es übernommen hat – Auszeichnungen in Serie ergattert. „Die Investitionen haben sich gelohnt. Im neuesten Robert-Parker-Weinführer werden acht unserer Weine mit mehr als 90 von 100 möglichen Punkten bewertet“, erzählt er. Althoff scheint die Perlen zu sammeln. Was nur glitzert, überlässt er anderen.

Stets sieht er sich nicht am Ziel, wenn bloß ihm etwas gefällt. „Dass wir sagen, unsere Weine seien gut, ist ja selbstverständlich. Wenn diese Aussage von außen kommt, ist das etwas Besonderes“, sagt er.
Und bislang seien nur die Weißweine bepunktet worden, die Rotweine kämen erst noch dazu. „Für Hotels bekommen wir sehr gute Bewertungen nur von Gästen, denen wirklich alles gefallen hat. Für das Weingut ist unser Anspruch: Wenn ein Kunde den Wein nicht nachbestellt, haben wir etwas falsch gemacht“, sagt Althoff. Fordernd klingt das nicht. Der eher zurückhaltend auftretende Althoff ist äußerst geduldig – sofern er die Zuversicht hat, dass das gewünschte Ziel eines Tages erreicht wird. So war es auch mit dem Weingut. „Mehr als 20 Jahre lang habe ich nach einem Weingut gesucht. Manche waren mir zu weit weg, andere zu klein“, erinnert er sich. Dann habe er erfahren, dass der Ortenaukreis und die Stadt Offenburg jemanden suchten, der den Betrieb des Gutes Schloss Ortenberg übernehme. Der Anbau auf dessen Flächen ist seit dem 15. Jahrhundert überliefert, mit 45 Hektar war es auch das größte kommunale Weingut Deutschlands. „Dazu gehören die besten Lagen in Baden, das hat gepasst“, sagt Althoff. „Wir können nun flexibler arbeiten als die öffentliche Hand, jetzt gibt es Ortenberg- Wein auch in Saint-Tropez.“

Eines langen Atems bedurfte es zuletzt auch an anderer Stelle. Mit dem Kölner Dom-Hotel soll ein neues Vorzeigehaus für die Fünf-Sterne-Althoff-Collection entstehen. Das 1893 errichtete Gebäude – das direkte Nachbarhaus zum Dom, in dem schon Kaiser Wilhelm II. nächtigte – sollte eigentlich längst wieder eröffnet sein. Doch die Bausubstanz erwies sich als stark angegriffen, der Eigentümer musste intensiver sanieren. Hotelpächter Althoff blieb nur das Abwarten, nun naht der Abschluss der Arbeiten.

Früh stand für Althoff fest, dass er Hotelier sein will. Seine Eltern führten ein Raumausstattungsgeschäft, er selbst machte eine kaufmännische Ausbildung in der damaligen Wuppertaler Wicküler Brauerei. An beiden Stellen hätte er bleiben können, doch er eröffnete lieber mit nur 21 Jahren in Aachen sein erstes Hotel. Die eigenen Ersparnisse und ein mühsam ergatterter Kredit waren nötig, um das Haus zu pachten. Seine Faszination für Hotels ist geblieben, obwohl er im Betrieb vieles umgestellt hat. „Der Zweck, warum Menschen reisen, war lange entweder die Erholung im Urlaub oder die Geschäftsreise. Heute sehen wir eine Vermischung“, sagt Althoff. „Auch Hotels haben sich verändert. Fünfsterne-Grandhotels sahen einst ganz anders aus. Es gibt einen Wandel vom Formellen hin zum Informellen.“ Den griff er mit der Marke Urban Loft – neben der Althoff Collection und den Ameron-Hotels die dritte Linie im Unternehmen – auf. Doch das erste Haus war ausgerechnet 2020 in der Hochphase der Corona-Pandemie fertig, als zunächst wenige reisten. Krisenmanagement war nötig. „Die Pandemie war eine herausfordernde Zeit. Wir haben aber in keinem Jahr Verluste gemacht, weil es uns gelungen ist, unsere Kosten sehr dynamisch anzupassen“, sagt er – erleichtert, die Phase hinter sich gelassen zu haben. „Die Buchungszahlen sind hochgeschnellt, wir haben die Vor-Corona-Zahlen wieder erreicht. Schon 2022 hatten wir für den Zeitraum von April bis Dezember Rekordwerte, allerdings nach einem von der Pandemie geprägten schwierigen ersten Quartal.“ Er ist überzeugt: „Menschen tragen ein Reise-Gen in sich.“

Beim Wein gab es zuletzt keine Geduldsprobe. Dabei sagt Guts-Geschäftsführer Matthias Wolf, Althoffs Statthalter im Südwesten: „Guter Wein braucht Zeit. In der Natur hat man genau genommen nur einen Schuss frei, danach muss man auf das nächste Jahr warten.“ Gemessen daran, sei man sehr schnell zu Auszeichnungen gekommen. Über den Weg lässt Althoff fast nur Wolf sprechen, er selbst – zwar Weinliebhaber, aber eben kein Winzer – wolle nichts Falsches sagen. In ihrem Anspruch sind sie sich sowieso einig. „Die Ortenau ist der Hidden Champion unter den Anbaugebieten, wir wollen das ‚Hidden‘ streichen“, sagt Wolf. In zwei Jahren sei man jeden Schritt für den Anbau durchgegangen. Althoff finanzierte es. Bodenproben seien gar in die USA geschickt worden. „Denn in einem ungünstigen Verhältnis können sich Nährstoffe im Boden sogar gegenseitig blockieren“, sagt Wolf. Auch mit den Pflanzen gehe man nun anders um. „Wir haben auf den sanften Rebschnitt umgestellt. Durch den anderen Schnitt verbessert sich der Saftfluss vom Stamm in die Triebe, was für bessere Trauben sorgt“, erklärt Wolf. Dafür waren Schulungen der Beschäftigten nötig, die 20 Jahre lang anders gearbeitet hatten. Trotz Grandhotels und Weingut im Unternehmen – allzu eng will Althoff die Verbindung nicht geraten lassen. „Jeder Wein, den wir produzieren, würde auch auf die Karte unserer Hotels passen. Dort soll aber keine Dominanz dieser Weine entstehen“, sagt er. Dass Sommeliers aus seinen Häusern Ratschläge zu Riesling, Grauburgunder und Chardonnay aus der Ortenau geben, ist erwünscht. Der Gast soll aber die Wahl behalten. „Schön wäre es dennoch, wenn ein Gast sagt, er möchte den guten Ortenberg-Wein“, sagt Althoff.

In Gedanken ist er schon beim nächsten Sammelobjekt. Als 2022 der britische Nobelhotelbetreiber Rocco Forte die Frankfurter Villa Kennedy schloss, galt das Aus des Luxushauses manchem auch als Beleg für die Corona-Lasten der Hotellerie. Dazu kam, dass dem Immobilieneigentümer Conren Land nachgesagt wurde, er wolle nun lieber eine Seniorenresidenz einrichten. Althoff wurde sich aber mit Conren einig, nach einer Renovierung eine Unterkunft mit 147 Zimmern und Suiten zu eröffnen. Im Herbst 2024 soll es so weit sein. TIMO KOTOWSKI